Externe DoktorandInnen

Externe DoktorandInnen bei Prof. Dr. Britta Hufeisen

Abgeschlossene externe Promotionen

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts spiegelt sich in der wissenschaftlichen Forschungsliteratur zum Fremdsprachenerwerb ein stetig wachsendes Interesse an mit Wortschatzerwerb und -vermittlung in Zusammenhang stehenden Thematiken wider. Immer häufiger finden sich theoretische und empirische Arbeiten, die sich etwa mit der Struktur des mentalen Lexikons, mit Wortschatzlernstrategien oder mit der Bedeutung von formelhaften Ausdrücken in der Wortschatzarbeit befassen, und der Erkenntniszuwachs auf diesem Gebiet ist enorm.

Trotzdem scheint es auch heute noch so zu sein, dass Wortschatzarbeit in der Praxis des Fremdsprachenunterrichts (FSU) im Vergleich zu Bereichen wie Grammatik und Phonetik eine eher stiefmütterliche Rolle spielt. Viele Lehrende sehen Wortschatzarbeit häufig als notwendiges Übel, das sie notdürftig irgendwie in das reguläre Kursgeschehen zu „integrieren“ suchen, während die Lernenden es oft gewohnt sind, sich neue Vokabeln durch das Pauken von Wortlisten einzuprägen. Die Bedeutung eines breit gefächerten Wortschatzes für jede Art der fremdsprachlichen Verständigung wird zwar durchaus nicht in Abrede gestellt, eine konsequente Thematisierung von Wortschatzarbeit im Unterricht mit einem entsprechenden Angebot an Hilfestellungen zu wortschatzspezifischen Lernmethoden bleibt jedoch die Ausnahme. Auch im Kursangebot für Deutsch als Fremdsprache der Hochschulen in Taiwan spiegelt sich dieses Dilemma wider. So sind an nur einer von sieben Hochschulen mit einem Hauptfachangebot für Deutsch auf der Grundstufe spezifische Wortschatzübungen Teil des Curriculums.

Die Verantwortung für die Umsetzung von Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung im FSU und für die Vermittlung von Wortschatzlernstrategien fällt auf die Lehrenden. In der Regel sind sie es, die als Entscheidungsträger, sei es in Hochschulgremien oder in der konkreten individuellen Unterrichtsgestaltung, über den Stellenwert der Wortschatzarbeit im FSU entscheiden. Aus diesem Grunde sollen sie auch im Mittelpunkt meiner Untersuchung stehen.

Welche Ziele verfolgen die Lehrenden die Wortschatzarbeit betreffend? Welche Rollen weisen sie dabei sich selbst und den Lernenden zu? Welchen institutionellen Einflüssen unterliegen sie in ihrem Handeln? Welche Faktoren bestimmen die Entscheidung ob und in welchem Umfang Wortschatzarbeit im Unterricht thematisiert wird? Gibt es Erfahrungen in ihrer eigenen Biografie, die ihr Verhalten als Lehrende geprägt haben? Inwieweit werden die Spezifika von Deutsch als Tertiärsprache (i.d.R. nach Englisch) bei der Wortschatzarbeit berücksichtigt, d.h. inwieweit werden Lernerfahrungen und Kenntnisse der ersten Fremdsprache bewusst genutzt? Welche Rolle spielen die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Fachliteratur zum Thema bei der Unterrichtsgestaltung? Welche die Wortschatzarbeit betreffenden Lernstrategien werden im Unterricht (nicht) vermittelt und warum? Diese Fragen sollen mir als Orientierungspunkte in meiner Untersuchung der subjektiven Theorien von Lehrenden in Taiwan zur Wortschatzarbeit dienen.

Der Schwerpunkt des Forschungsprojekts liegt im Bereich der Ausbildung angehender Gymnasiallehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der Pädagogischen Hochschule (PH) Waadt in der französischen Schweiz. In den Gymnasien des Kantons Waadt werden literarische Texte häufig im Rahmen eines Ansatzes gelehrt, dessen Hauptlernziel in der gründlichen Analyse und Interpretation von Texten besteht.

Das Ziel dieses Forschungsvorhabens besteht darin, ein Mentoring-Programm auszuarbeiten und zu erproben, das die angehenden Gymnasiallehrkräfte DaF in der Vorbereitung und Durchführung von Unterricht mit literarischen Texten im Rahmen eines handlungsorientierten Ansatzes begleitet.

Die Lehrerausbildung der PH Waadt bietet keine spezifische Ausbildung zur Arbeit mit literarischen Texten an, obwohl das Lehren von literarischen Texten einen hohen Stellenwert in den Gymnasien Waadt einnimmt. Literarische Texte werden im Rahmen der Lehrerausbildung wie viele andere Textsorten in der Diskussion verschiedener Ansätze des Fremdsprachenunterrichts nur erwähnt. Es stellt sich daher die Frage, ob zukünftige Lehrkräfte im Rahmen dieser Ausbildung zum handlungsorientierten Umgang mit literarischen Texten im Fremdsprachenunterricht befähigt werden.

Im Rahmen des Dissertationsvorhabens soll daher die folgende Forschungsfrage beantwortet werden:

Wie entwickeln sich didaktische und methodische Kompetenzen von angehenden Lehrkräften des Deutschen als Fremdsprache im Umgang mit literarischen Texten in Rahmen eines handlungsorientierten Unterrichts? Diese Frage wird in drei Teile gegliedert:

I. Teil: Vorstellung der angehenden Lehrkräfte über den Literaturunterricht

II. Teil: Literaturunterricht der angehenden Lehrkräfte

III: Teil: Auswirkung eines Mentoring-Programms auf die angehenden Lehrkräfte

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird eine qualitative Untersuchung durchgeführt. Vier oder fünf angehende Lehrkräfte werden freiwillig an dem Mentoring-Programm teilnehmen. Ihre Vorstellung über den Literaturunterricht wird anhand von Fragebögen analysiert. Ihre Praxis wird mit Hilfe von drei Videoaufzeichnungen und Konfrontationsinterviews analysiert. Abschließend werden reflexive Notizen der angehenden Lehrkräfte analysiert.

Abstract: Mündliche Nicht- Beteiligung im L3 Deutschunterricht.

Zurückhaltende oder sogar schweigende Lernende ist kein fremdes Phänomen für Lehrkräfte im Fremdsprachenunterricht. Vor allem wird in dem Bereich Englisch als Zweit- und Fremdsprache berichtet, dass asiatische Studierende des Englischen zurückhaltende und passive Lernende sind. Kulturelle Attribute asiatischer Gesellschaften werden oft als Hauptursachen für das beobachtete Verhalten von Zurückhaltung und Passivität angeführt. Jedoch zeigen manche Forschungen, dass so eine Generalisierung wissenschaftlich nicht belegbar ist, und dass viele weitere Faktoren zu dem Verhalten asiatischer Lernender beitragen (vgl. Cheng 2000 und vgl. Fun Liu/ Littlewood 1997). In dem Forschungsbereich Englisch als Zweit- und Fremdsprache in Sri Lanka kommt man oft zu ähnlichen Beobachtungen Forschungsergebnissen. In einer ethnografischen Studie über sri-lankische Englisch als L2 Lernende stellte Canagaraja (1993) fest, dass sri-lankische Studierende die aktive Verwendung von Englisch nicht nur als Unterrichtssprache, sondern auch als Medium für Interaktion im Klassenzimmer ablehnten. Karunarathnas Studie (2003) nannte die Zurückhaltung der Lernenden beim Englischsprechen im Klassenzimmer als eines der pädagogischen Probleme, die den Erfolg beim Englischlernen hemmen.

Die Entwicklungen in der Mehrsprachigkeitsforschung in den 1990er Jahren beweisen, dass es nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Unterschiede zwischen dem Lernen einer ersten Fremdsprache (L2) und dem einer zweiten Fremdsprache (L3) gibt. L3 Lernende haben bereits Erfahrungen im Fremdsprachenlernen, haben bereits bewusst oder unbewusst bestimmte Lerngewohnheiten und Lernstrategien entwickelt, die ihr L3 Lernen stark beeinflussen. Besonders das Faktorenmodell 2.1 (Hufeisen 2017) betont den Einfluss der Fremdsprachenlernerfahrungen auf das weitere Fremdsprachenlernen. Aus diesem Grund bietet sich die mündliche Nichtbeteiligung im L3 Unterricht als ein neues Forschungsfeld an.

Deutsch als L3 Lernende an der Universität Kelaniya haben bereits mehr als elf Jahre Sprachenlernerfahrungen mit Englisch und Tamilisch aus der Schule. Darüber hinaus kommt diese Zielgruppe aus einer Lehr- und Lerntradition, die durch Prüfungsorientiertheit gekennzeichnet ist. Vor diesem Hintergrund ergibt sich ein komplexes dynamisches Konzept der mündlichen Nichtbeteiligung im L3 Unterricht, das sowohl von den individuellen Lernerfahrungen, als auch von soziokulturell gesteuerten Lerntraditionen geprägt ist. Außerdem fokussiert diese Forschung auf die Rolle des Affekts in der mündlichen fremdsprachlichen Sprachproduktion im Unterrichtskontext.

Literatur

Canagaraja, Suresh (1993) Critical Ethnography of a Sri Lankan Classroom: Ambiguities in Student Opposition to Reproduction Through ESOL. In: TESOL Quarterly, 27. 10. 2307/3587398.

Cheng, Xiaotang (2000) Asian students' reticence revisited. In: System 28 (435- 446)

Fun-Liu, Ngar, Littlewood, William (1997) Why do many students appear reluctant to participate in classroom learning discourse. In: System 25,3 (371-384)

Hufeisen, Britta (2017) Models of multilingual competence (im Druck)

Karunarathne, Iresha Madhavi (2003) Learning English in Urban Sri Lanka: Social, Psychological and Pedagogical Factors Related to Second Language Acquisition. (Dissertation)

Alle finnischen Schülerinnen und Schüler werden spätestens im Alter von 13 Jahren zu L3-Lernenden, wenn die zweite Amtssprache Schwedisch in der siebten Klasse eingeführt wird (od. bei schwedischsprachigen Finnen Finnisch). Die erste Fremdsprache von den meisten Schülerinnen und Schülern ist Englisch, und zusätzlich zu dem Englischen und dem Schwedischen lernen viele Schülerinnen und Schüler auch noch weitere Fremdsprachen, wie Deutsch und Französisch. Bisher ist das L3-Lernen in Finnland jedoch kaum erforscht worden, obwohl die finnischen Schulen als eine ergiebige Umgebung der L3-Forschung dienen könnten.

Im Rahmen dieses Dissertationsprojekts werden finnische L3-Lernende untersucht. Da das L3-Lernen in Finnland kaum erforscht worden ist, ist diese Untersuchung von explorativer Art und konzentriert sich auf die Untersuchung der Auffassungen, Meinungen und Überzeugungen der L3-Lernenden über ihr L3-Lernen. Im Besonderen wird versucht, die folgenden Forschungsfragen mit Hilfe der qualitativen Interviews zu beantworten: Welche Bereiche des L3-Lernens werden durch die Muttersprache und durch früher gelernte Fremdsprachen aus Sicht der Schülerinnen und Schüler beeinflusst? Wie werden diese Bereiche des L3-Lernens durch die Muttersprache und durch früher gelernte Fremdsprachen aus Sicht der Schülerinnen und Schüler beeinflusst? Das Ziel dieser Arbeit ist Aufschluss über das L3-Lernen in Finnland aus individueller Sicht zu geben. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit ist es, einen Beitrag zur Entwicklung der L3-Didaktik in Finnland zu leisten.

Das Projekt untersucht den Gebrauch und die Verbalisierung von Interaktionsstrategien bei Lernern des Deutschen und Französischen (2. Fremdsprache) nach Englisch (1. Fremdsprache) im Kontext einer „Zwei-Sprachen-Aufgabe“: Die Schüler führen dieselbe mündliche Interaktionsaufgabe zunächst auf Englisch und anschlieβend in ihrer 2. Fremdsprache durch. Nach diesem Muster sind drei Interaktionsaufgaben zu bewältigen (information gap, decision-making, opinion task). Bei jeder Interaktionsaufgabe folgt auf die fremdsprachliche sprechaktive Phase (Aufgabendurchführung) eine muttersprachliche Reflexionsphase (Aufgabenauswertung) in Vierergruppen, in der die Schüler durch schriftliche Fragen angeregt werden, ihre angewandten Interaktionsstrategien verbal zu rekonstruieren und zu diskutieren.

Neben den Datensätzen von Untersuchungsgruppen sollen auch Kontrolldaten (keine Aufgabendurchführung in der 1. FS) zur Verfügung stehen. Die so gewonnenen Interaktions- und Retrospektionsdaten werden qualitativ per Gespräch- und Inhaltsanalyse ausgewertet, um die Vor- und Nachteile einer „Zwei-Sprachen-Aufgabe“ für den schulischen Fremdsprachenunterricht der 2. Fremdsprache beurteilen zu können.

Viele junge ChinesInnen bereiten sich auf einen Aufenthalt in deutschsprachigen Ländern vor. Dafür erlernen sie – teils neben dem Studium oder dem Berufsalltag – Deutsch als Fremdsprache in China. Welche Lehrwerke werden dort eingesetzt?

Auffällig ist die Rückkehr zu einheimischen Lehrwerken in deutschen Vorbereitungskursen der chinesischen Universitäten und Hochschulen in den letzten Jahren. Die vorliegende Untersuchung zielt darauf ab, die Gründe für diese Rückkehr und die Einflussfaktoren bei der Lehrwerkauswahl zu erschließen. Mein besonderes Erkenntnisinteresse gilt der Frage, ob die Lehrwerke, die in Deutschland entwickelt werden, auf China, wo andere soziokulturelle Rahmenbedingungen gelten, übertragbar sind. Diese Lehrwerke verfolgen die methodischen und didaktischen Prinzipien, die sich in Deutschland durchsetzen. Passen sie auch für China? Konkreter formuliert: unter welchen Bedingungen können die neuen didaktischen oder methodischen Gedanken bzw. die diesen folgenden Lehrwerke in der Praxis umgesetzt werden?

Diese Forschungsfragen werden durch Interviews mit solchen Experten beantwortet, die die Entscheidung der Lehrwerkauswahl für den untersuchten Kurs beeinflussen können. Die durch die Experteninterviews erhobenen Daten werden nach der qualitativen Inhaltsanalyse des Kuckartz‘schen Konzepts ausgewertet.

Aus der Analyse ergibt sich, dass im Gegensatz zu der zentralen Bedeutung der LernerInnenorientierung bei der Lehrwerkuntersuchung im deutschen Raum eine entscheidende Bedeutung dem Faktor der Berücksichtigung der Lehrgewohnheit zukommt. Zur Durchsetzung der neuen didaktischen und methodischen Gedanken im Unterricht spielen die Ansichten der Lehrenden darüber eine wichtige bis entscheidende Rolle. Eine weitere erforderliche Bedingung ist, dass die Lehrenden sich Autorität verschaffen müssen. Dann sind die Lernenden bereit, sich umzuorientieren. Sinnvoll wäre, in weiteren Untersuchungen mehr auf die Interaktion zwischen einem Lehrwerk und den Lehrenden bzw. die Angemessenheit eines Lehrwerks für bestimmte Lehrende, beispielsweise Lehrende einer bestimmten Kultur, einzugehen.